Südafrikas Weinwirtschaft feiert in diesem Jahr 20 Jahre Demokratie. Im April 1994 wurde die Regierung demokratisch gewählt und Nelson Mandela zum ersten schwarzen Präsidenten des Landes ernannt. Dieser politische Systemwechsel brachte den Südafrikanern eine der modernsten Verfassungen der Welt und war für viele Menschen ein chancenreicher Neustart. Auch die Weinwirtschaft profitierte im erheblichen Maß von dem politischen Wandel und schrieb eine beachtliche Erfolgsgeschichte.

 

Vor knapp 30 Jahren litt der Weinsektor in der Kapregion erheblich unter den internationalen Sanktionen, die in den 1980er-Jahren über das südafrikanische Regime verhängt wurden. Die Weinwirtschaft Südafrikas selbst unterlag damals zusätzlich den Kontrollen der KWV (Koöperatieve Wijnbouwers Vereniging). Überwacht wurden alle Neuanpflanzungen, ebenso reguliert waren die Ertragsmengen und die Mindestpreise für Trauben und Weine. Rund 95 Prozent der Kapwinzer waren damals Mitglied der KWV, die einen Marktanteil von über 80 Prozent hatte und auch den Export dominierte. Exportiert wurden 1995 knapp 70 Millionen Liter Wein in knapp 40 Länder (SAWIS, 1996). 20 Jahre später vermeldet der Informationsdienst der südafrikanischen Weinwirtschaft (SAWIS) für 2013 ein Exportrekord von 526 Millionen Litern, die in knapp 140 Ländern weltweit exportiert wurden (SAWIS, Dez. 2013, YTD).

 

1994 Aufbruchstimmung in der Weinwirtschaft 

Als Nelson Mandela 1994 zum Präsident des Landes gewählt wurde, begann auch für die Akteure der Weinwirtschaft eine neue Ära. Die internationalen Märkte öffneten ihre Tore und das öffentliche Interesse an Südafrika wuchs. Die Weinerzeuger begannen, ihre Weinwirtschaft zu modernisieren. Die KWV wurde 1997 aus ihrer Kontrollfunktion entlassen und in eine private GmbH umgewandelt. Die Zahl der privaten Weinerzeuger stieg im Laufe der Jahre von 105 (1996) auf über 500 in 2012. Die Jahresproduktion betrug 1995 rund 554 Millionen Litern Wein; heute liegt die durchschnittliche Jahresproduktion bei etwa 870 Millionen Litern (SAWIS, 2013).

Südafrikas Winzer und Kellermeister war es möglich ab 1994 die Welt zu bereisen, um von ihren Kollegen zu lernen und um ihre neuen Erkenntnisse in den heimischen Weinregionen zu verwirklichen. Die Weinbauern ersetzten viruskranke Weinberge durch gesunde Rebsetzlinge. Sie pflanzten bevorzugt international renommierte Rebsorten und wählten die optimalen Klone entsprechend der Standortbedingungen. Bevorzugt wurden Rotweine wie z. B. Cabernet Sauvignon, Shiraz, Merlot und Pinotage ausgebaut. Die Dominanz der weißen Rebsorten in der Kapregion hat sich seit 1995 nivelliert und ist von knapp 83 Prozent auf 55 Prozent in 2012 gesunken. Neu in die Kapregion kam der Chardonnay und vermehrt angebaut wurde Sauvignon Blanc. Der Chenin Blanc, der einst einen prozentualen Anteil von 28,5 Prozent an der Gesamtrebfläche innehatte, wurde im Laufe der Jahre auf 18 Prozent reduziert. Gestiegen ist jedoch die Wertschätzung für den weißen Klassiker, der damals vorwiegend als Massenträger und für die Erzeugung von Brandy produziert wurde. Inzwischen begeistert Chenin Blanc vom Kap mit einer enormen Bandbreite an geschmacklichen Stilrichtungen und braucht den Vergleich mit der Loire nicht zu scheuen. Auch der Blick in die Statistik der zertifizierten Wine-of-Origin-Weine dokumentiert die enorme Qualitätsentwicklung in den Weinregionen Südafrikas. In 1995 wurden 15 Prozent (87 Millionen Liter) als Wine-of-Origin-Weine angemeldet. In 2012 jedoch wurden rund 520 Millionen Liter geschützte Herkunftsweine beim Wine & Spirit Board angemeldet. Das entspricht rund 60 Prozent der gesamten südafrikanischen Weinernte (SAWIS 2013).

 

Südafrika setzt neue Standards für eine nachhaltige Weinerzeugung

Gewandelt hat sich in den letzten Jahren auch das Verständnis, was einen zukunftsorientierten Qualitätsweinbau auszeichnet. Für die Südafrikaner ist die Definition von Weinqualität inzwischen weiter gefasst, als lediglich sensorische und analytische Kriterien zu erfüllen. Dank der weltweiten und wachsenden Anerkennung entwickelten die Winzer auch ein stärkeres Bewusstsein für die Besonderheiten ihres Klimas, der Vielfalt der Böden und die Reichhaltigkeit der Flora und Fauna, als unwiederbringliche Ressource für die Erzeugung hochwertiger Weine. Die mit dem wirtschaftlichen Aufschwung verbundene Bedrohung, durch die Intensivierung der Landwirtschaft und Urbanisierung die mannigfaltige Biodiversität zu verlieren, führte zur Gründung der Wine & Biodiversity Initiative (BWI) in 2004. Basierend auf freiwilligen Aktionsprogrammen haben Südafrikas Winzer rund 130.800 Hektar ihrer landwirtschaftlichen Flächen unter Naturschutz gestellt und befreien sie von eingeschleppten Pflanzenarten. Somit übersteigt diese Fläche bereits die Ertragsrebfläche von rund 100.000 Hektar und stellt einen klimarelevanten Ausgleich dar.

Den internationalen Durchbruch ihrer Nachhaltigkeitsbewegung erzielten die Südafrikaner in 2010 mit der Einführung einer offiziellen Zertifizierung. Das bereits in 1998 etablierte umweltschonende Weinbauprogramm Integrated Production of Wine (IPW) wurde in Zusammenarbeit mit renommierten Institutionen, wie beispielsweise der internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV), zu einem der modernsten Standards für eine nachhaltige Weinerzeugung weiterentwickelt. Die zu erfüllenden Kriterien betreffen nicht nur umweltschonende Pflanzenschutzmaßnahmen, sondern auch ein ressourcenschonendes Wassermanagement sowie die Erfassung der CO2-Emissonen.

 

Die Zukunft: Soziale und faire Weine

Mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen für die Arbeiter und Familien auf den Weinfarmen zukunftsorientiert zu verbessern, wurde 2002 die Wine Industry Ethical Trade Association (WIETA) gegründet. Der tief greifende Multi-Stakeholder-Dialog zwischen den unterschiedlichsten Interessensgruppen bestehend aus Erzeugern und Gewerkschaften mündete 2012 im weltweit ersten Standard für eine faire Weinerzeugung. Die Besonderheit dieses Standards sind jedoch die Audits der Betriebe oder die Verleihung eines Siegels, sondern es sind vor allem die Ausbildungen und die Beratung, die den Verbesserungsprozess auf den Farmen letztlich ermöglichen. Linda Lipparoni, Geschäftsführerin der WIETA, verweist bei der Frage nach den Kriterien auf die moderne Verfassung Südafrikas, die sich in der Sozialgesetzgebung an den internationalen Fair Labour Laws orientiert: „Was wir hier in Südafrika dringend brauchen, sind nicht Gesetze, sondern Aufklärung und Fortbildung sowie Kontrollen vor Ort in den Betrieben.“

Auf der diesjährigen ProWein, der internationalen Fachmesse für Wein und Spirituosen in Düsseldorf konnten bereits rund 83 von WIETA zertifizierte Weine verkostet werden. Somit werden fair zertifizierte WIETA-Weine demnächst auch in den Sortimenten des deutschen Weinfachhandels zu finden sein. Doch faire Weinerzeugung ist für Südafrikas Weinerzeuger auch kein unbeschriebenes Blatt; der größte Anteil internationaler Fairtrade-Weine stammt bereits aus Südafrika.

Mit Blick auf die zukünftigen Chancen Südafrikas im internationalen Weinhandel verweist Siobhan Thompson, Geschäftsführerin der Exportorganisation Wines of South Africa, auf die werthaltigen Zusatznutzen die Südafrikas Lieferanten bieten: „Wir garantieren eine lückenlose Rückverfolgbarkeit vom Rebstock bis zur Flasche. Bis 2015 wollen wir erreicht haben, dass alle exportierten Weine auch sozial zertifiziert sind.“ Vorgesehen ist dabei auch, dass bei beiden Zertifizierungen Integrity & Sustainability durch das Wine & Spirit Board und Fair-labour practice von der WIETA in einem gemeinsamen Nachhaltigkeitssiegel verschmelzen.

 

Enjoy the journey – WOSA launcht Videoserie zum 20-jährigen Jubiläum

Dass die nachhaltigen Exporterfolge und der wirtschaftliche Aufschwung in der südafrikanischen Weinwirtschaft vielen Akteuren zu verdanken ist, ist den Südafrikanern sehr wohl bewusst. Inzwischen sind im Weinsektor 350.000 Menschen beschäftigt. Die Wirtschaftlichkeit zu erhalten und die sozialen Rahmenbedingungen stetig zu verbessern ist das erklärte Ziel der Verantwortlichen in der Kapregion. Dass der Weinsektor für viele ehemals benachteiligten Bevölkerungsschichten große Chancen bietet eine neue Aufgabe zu finden, dokumentiert die WOSA mit der Videoserie „Enjoy the journey“. Acht Protagonisten erzählen in den 2-3-minütigen Kurzfilmen, auf eine sehr persönliche und emotionale Weise, wie sie ihren Platz in der Weinwirtschaft gefunden und ihre Chance ergriffen haben.

Siobhan Thompson, Geschäftsführerin der WOSA, betont die Wichtigkeit der Strahlkraft von guten Vorbildern, die sich nicht als Opfer fühlen, sondern selbstbewusst ihren Weg gehen. Selbstverständlich sind weitere Investitionen in Ausbildung und Infrastruktur sowie der Erhalt von Arbeitsplätzen wichtige Treiber für den Gleichstellungsprozess innerhalb der Weinwirtschaft. Somit rücken aus ihrer Sicht in Zukunft auch die Wertschöpfung und die ökonomische Nachhaltigkeit stärker in den Fokus der Strategie der südafrikanischen Exporteure.

 

Südafrikas Beliebtheit als Urlaubsdestination steigt

Ein wichtiger Bereich, um die Werthaltigkeit der südafrikanischen Weinwirtschaft zu stärken, ist der Ausbau des Weintourismus. Mit dem Aufschwung der Qualitätsweinerzeugung in den Kapregionen begann auch die Expansion des Weintourismus. Seit der Gründung der ersten Weinstraße, der Stellenbosch Wine Route in 1971, ist die Zahl auf 18 angestiegen. Die Besucher erwartet in den nahegelegenen Weinbauregionen rund um Kapstadt eine hervorragende Infrastruktur, um sich zu erholen und das Weinland zu genießen. Vom Luxushotel bis zum behaglichen Gästehaus, vom Nobelrestaurant bis zum familiären Picknick in prächtigen Gartenanlagen, Weinsafaris und Weinwanderungen und einladende Verkostungsräumlichkeiten – Südafrika gewinnt nicht nur durch sein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis sondern vor allem durch die herzliche und gewinnende Gastfreundschaft der Menschen.

Der Tourismussektor ist eine weitere Erfolgsgeschichte des Landes und bietet auch für den Weinsektor attraktives Potenzial begeisterte Kunden in aller Welt zu gewinnen. Nach Angaben der South African Tourism (SAT) besuchten 1994 jährlich rund 3,6 Millionen Besucher das Land, davon rund 105.000 Deutsche. Ende 2012 waren es insgesamt 9,18 Millionen. Für die Südafrikaner ist Deutschland mit jährlichen Zuwachsraten von 13–15 Prozent Südafrikas drittwichtigster Tourismusmarkt, nach Großbritannien und den USA (SAT, 2014). Die wachsende Nachfrage der deutschen Urlauber bestätigt auch die südafrikanische Airline South African Airways (SAA) und erhöhte im Januar 2014 die Flugkapazität von München nach Johannisburg um 25 Prozent (SAA, 2014).

Siobhan Thompson bestätigt die hohe Bedeutung des Weintourismus für den südafrikanischen Weinexport und für Sicherung der Arbeitsplätze im Western Cape. Thompson ist überzeugt, dass durch Südafrikas Gastfreundschaft starke emotionale Bindungen geknüpft werden, die den Weinabsatz weltweit fördern. In der Stärkung der Kommunikation mit den Konsumenten in den jeweiligen Märkten Siobhan Thompson stärken: „Wir haben vieles zu sagen. Es liegt an uns, dies öffentlichwirksam zu erzählen und die modernen Medien strategisch zu nutzen!“.

Der Marketingfokus der WOSA liegt weiterhin auf den bisherigen Hauptmärkten Großbritannien, Deutschland, Schweden und Holland. Vielversprechendes Wachstum sehen die Exporteure vor allem in den USA, Kanada, Russland und Asien. Thompson weiter: „Wir sind uns der hohen Bedeutung unserer traditionellen europäischen Absatzmärkte bewusst. Vor allem Deutschland ist für uns ein wichtiger Markt, der in den letzten 20 Jahren kontinuierlich gewachsen ist. Auch aufgrund der steigenden Zahl deutscher Urlauber und der engen wirtschaftlichen Verbindungen unsere Länder, genießen unsere Weine hierzulande eine hohe Beliebtheit, die wir weiterhin stärken wollen.“

 

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Pressekontakt: 

Petra Mayer, Christine Hill
WOSA Germany / Südafrika Weininformation
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