264 Jahre Weinkultur am Kap – Das Weinland Südafrika feiert Geburtstag!

Südafrika ist das einzige Weinland der Welt, das nachweislich einen Geburtstag feiern kann. Am 2. Februar 1659 dokumentierte der Niederländer Jan van Riebeeck mit seinem Tagebucheintrag: “Today, praise be to God, wine was made for the first time from Cape grapes” – „Heute, Gott sei Dank, wurde zum ersten Mal Wein aus Kapwein hergestellt“ – die Geburtsstunde des Weinbaus am Kap der Guten Hoffnung.

364 Jahre Weinkultur – das Weinland Südafrika blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, die mit viel Leidenschaft und Engagement gemeistert wurde. Gerade die letzten 30 Jahre haben gezeigt, welch enormes Potenzial die Natur und die kulturelle Vielfalt dieses Weinland auszeichnen und besonders machen! Happy Birthday Südafrika!

Die ersten Reben gelangten im Jahr 1655 an die Südspitze des afrikanischen Kontinents. Es war Jan van Riebeck, Leiter der Niederländisch-Ostindischen Handelskompanie, der auf die Idee kam, am Kap der Guten Hoffnung Wein zu erzeugen. Sein Auftrag war es, an Kapspitze eine Versorgungsstation einzurichten, damit sich Reisende auf ihrer Tour zwischen Europa und Asien erholen konnten. Dabei musste er zahlreiche Seefahrer und Handelsreisende gegen Skorbut behandeln. Der ehemalige Schiffsarzt wusste um die gesundheitsfördernde Wirkung des Weins für das menschliche Wohlbefinden und importierte die Pflanzen aus Frankreich, Spanien und dem Rheinland.

Die ersten Reben, darunter Chenin Blanc, Semillion und vermutlich auch Riesling, wurden im Company Garden im damaligen Kapstadt gepflanzt. Es war jedoch alles andere als einfach. Als nach dreijähriger Pflege endlich der erste Traubensaft gekeltert wurde, notierte Riebeeck erleichtert in sein Tagebuch: „Heute, Gott sei Dank, wurde zum ersten Mal Wein aus Kaptrauben gekeltert. Und der erste frische Most wurde aus dem Fass gekostet“.

Mit der Ausweitung der Kapkolonie auch ins Hinterland kamen immer mehr Menschen ans Kap, so auch die Hugenotten, die aus religiösen Gründen aus Frankreich verfolgt wurden. Sie wurden zwischen 1688 und 1690 im Drakenstein-Tal angesiedelt, das später in Franschhoek (Ecke der Franzosen) benannt wurde. Viele von ihnen brachten, ebenso wie die deutschen Weinwanderer, handwerkliche Fähigkeiten und Wissen über den Weinbau mit. Die eigentliche Expansion des Weinbaus wurde von Gouverneur Simon van der Stel, dem späteren Nachfolger Riebeecks, vorangetrieben. Er dehnte die Landwirtschaft immer weiter ins Landesinnere aus und gründete 1679 die heutige Wein- und Universitätsstadt Stellenbosch. Heute ist Stellenbosch mit über 150 Weingütern eine pulsierende Weinregion. Er selbst pflanzte 1685 einige Tausend Rebstöcke in den Steenbergen (Constantia) an den Nordwesthängen des Tafelbergs. Steen ist übrigens die historische Bezeichnung für Chenin Blanc. Glücklicherweise war van der Stel ein Weinliebhaber. Er setzte sich auch für die Verbesserung der Weinqualität ein.

Südafrikas Süßweine waren bereits im 18. Jahrhundert beliebt.

Südafrikanische Weine wurden Ende des 18. Jahrhunderts durch das Weingut „Groot Constantia“ populär. Die edlen Dessertweine machten in Deutschland, England und Frankreich Furore: Der preußische König sowie Napoleon und Bismarck schwärmten für die süßen Tropfen. Der Dichter F. G. Klopstock ließ es sich nicht nehmen, im Jahr 1795 eine Ode auf den Wein vom Kap zu dichten. Auch die britische Schriftstellerin Jane Austen erwähnte diese noblen Tropfen in ihren literarischen Klassikern.

Im 19. Jahrhundert wurde zunehmend mehr Kapwein nach England exportiert. Die südafrikanischen Winzer profitierten bis 1861 von der Einschränkung des Weinhandels der Engländer mit den Franzosen aufgrund der Napoleonischen Kriege und dem Handelsverbot mit Frankreich. Diese Blütezeit fand gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein jähes Ende. Wie in ganz Europa fiel auch am Kap die Reblaus über die Weinberge her und vernichtete einen großen Teil der Weinberge. Millionen Rebstöcke mussten gerodet und verbrannt werden. Erst mit der Entdeckung reblausresistenter Setzlinge war eine Wiederbepflanzung der Weinberge möglich. Während des Zweiten Burenkrieges (1899-1902) stieg in der Kapregion neben dem Weinkonsum auch die Produktion Branntwein in heimischen Gefilden. Als der Krieg endete, blieb man auf großen Mengen an Massenweinen sitzen; die Überschüsse führten zu drastischen Preiseinbrüchen.

Mit der Gründung einer zentralen Genossenschaft im Jahr 1918 sollte diese existenzbedrohende Situation verbessert werden. Die KWV (Kooperatiewe Wijnbouwers Vereniging van Zuid-Afrika, Beperkt) begann, den Weinerzeugung – vom Anbau bis zur Festlegung von Mindestpreisen – zentral zu steuern. Die Rolle der KWV wandelte sich unter der Gunst der damaligen Regierung immer mehr zu einer staatlichen Kontrollinstanz. Schließlich wurde die KWV zum einzigen Weinexporteur des Landes.

Mit dem offiziellen Beginn der Apartheid-Doktrin in 1948 brachen die internationalen Handelsbeziehungen ein. Der Export kam zum Erliegen, ebenso der Austausch von Wissen und der Aufbau von internationalen Beziehungen. Einzig der Exportschlager, die Marke Lieberstein trotzte den widrigen Bedingungen. Die halbtrockene Cuvée aus Chenin Blanc und Clairette avancierte 1964 als erster Markenwein unter dem Slogan „Überall. Jederzeit“ zum weltweiten Besteller.

1994 – der Beginn einer neuen Ära

Mit der politischen Wende ab den 1990er-Jahren wandelte sich die Stimmung. Man könnte sagen, dass 1994 – mit der Wahl von Nelson Mandela zum Landespräsidenten – das Geburtsjahr einer neuen, modernen Ära des südafrikanischen Weinsektors war. Die internationalen Tore öffneten sich – die Winzer konnten reisen, Erfahrungen sammeln und am weltweiten Handel teilnehmen. Die Folge war eine rasante Modernisierung und Privatisierung des gesamten Weinsektors. Neue Rebsorten kamen ins Land – vorwiegend für die Produktion hochwertiger Rotweine. Neben Chardonnay und Sauvignon Blanc wurden klassischen Bordeaux-Rebsorten Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc sowie Shiraz angebaut. Die Winzer lernten den das Potenzial ihrer Weinanbaugebiete für die Produktion hochwertiger Weine besser kennen. Der internationale Wettbewerb und Dialog war für alle Beteiligten ein enormer Ansporn.

Viele Winzer wandelten sich vom Traubenlieferanten zum Weinproduzenten. Sie investierten in moderne Technik und attraktive Gebäude, die einen modernen, innovativen Weintourismus ermöglichten. 1971 gründeten vier Pioniere die erste Weinroute: die Stellenbosch Wineroute – als Vorbild für viele weitere in anderen Regionen. Es herrschte quasi Goldgräberstimmung.

Bis heute konzentriert sich der Weinbau fast ausschließlich auf die Provinz Western Cape rund um Kapstadt. Der Weinbau mit rund 100.000 Hektar Rebfläche sind gesetzlich geschützt und in Anbaugebiete, Regionen, Distrikte und Einzellagen unterteilt. Das Wine of Origin System wird seit seiner Einführung 1972 vom Wine & Spirit Board kontrolliert, das dem Landwirtschaftsministerium untersteht. Der Vorteil dieses tiefgreifenden Strukturwandels war, dass sich der südafrikanische Weinsektor dabei an zukunftsweisenden Richtlinien eines naturnahen Weinbaus orientieren konnte. 1978 wurde das Regelwerk „Integrated Production of Wine“ (IPW) als offizielle fachliche weinbauliche Praxis eingeführt.

Im Einklang mit der Natur

Frühzeitig erkannten die Winzer die Wichtigkeit einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Weinproduktion. Besonderes Augenmerk legten sie dabei auf den Naturschutz, um die einzigartige Biodiversität der Kapregion zu erhalten. Weitere Schwerpunkte sind der schonende Umgang mit Wasser und die Vermeidung von Abfällen. Zunehmend rücken die Reduzierung von CO2-Emissionen und die Nutzung alternativer Energiegewinnung in den Fokus. Bereits im Jahr 2010 hat sich die südafrikanische Weinwirtschaft freiwillig auf ein nachhaltiges Leitbild für die Weinproduktion verpflichtet. Diese Selbstverpflichtung mündete in der ersten Zertifizierung für nachhaltige Weinproduktion in Verbindung mit dem Nachhaltigkeitssiegel „Sustainability & Integrity“.Südafrikas Weine ein Ausdruck kultureller Vielfalt. Inzwischen werden rund 95% der Rebfläche unter Einhaltung nachhaltiger Regeln bewirtschaftet.

Südafrikas Stärke – kulturelle Vielfalt

Mit der Demokratisierung und sozialen Gleichstellung aller Südafrikaner begann für auch für die vielen Arbeiterfamilien, die seit Generationen auf den Farmen arbeiteten, eine neue Epoche. Deren Früchte langsam sichtbar werden. Nach nunmehr fast 30 Jahren ist der Weinsektor in Südafrika so bunt und vielfältig wie nie zuvor. Heute sind rund 270.000 Menschen im Weinbau und Weintourismus beschäftigt. Die Ausbildung von Fachkräften im Weinsektor hat sich im Laufe der Jahre stetig verbessert. Erfreulich ist die steigende Zahl an Weinen, die eigenverantwortlich von ehemals benachteiligten Südafrikaner erzeugt werden. Ein herber Rückschlag waren die extremen Maßnahmen im Zeitraum 2020 bis 2022. Weinhandel war nur eingeschränkt möglich. Der Einbruch im Tourismus hat viele Arbeitsplätze gekostet. Steigende Lebenshaltungskosten, Inflation und die anhaltende Energiekrise sind aktuell extreme Belastungen für Unternehmen und Privathaushalte.

Was bringt also die Zukunft?

Südafrikas Weinsektor lässt sich nicht unterkriegen und blickt nach vorn. Die Weinqualitäten werden immer besser, die kritischen sozialen Rahmenbedingungen und die hohen Anforderungen an alle Beteiligten erfordern, dass die bessere Erlöse erzielt werden. Wirtschaftliche Nachhaltigkeit steht im Fokus. Hohe Qualität, faire Einkommen, Klimaschutz und generationensübergreifende Investitionen müssen finanziert werden. Mit dem Genuss hochwertiger Weine trägt jeder Weinfreund weltweit zu dieser Entwicklung bei.

Bis heute ist Südafrika seiner ursprünglichen Wurzel treu geblieben: Es ist ein Eldorado für zahlreiche Menschen, die sich am Kap der Guten Hoffnung erholen und Kraft tanken möchten. Damit tun sie sich persönlich was Gutes und leisten einen wertvollen Beitrag zum Wohle vieler Menschen, die dort beheimatet sind.

Cheers Südafrika! Happy Birthday South African Wine – wir erheben unser Glas auf viele weitere herausragende Weinjahrgänge.