Südafrikas Weinkultur – Tradition, Wandel und Resilienz
Feiern Sie mit: Südafrika – Das einzige Weinland mit Geburtsdatum!
Südafrika ist das einzige Weinland der Welt, das nachweislich einen Geburtstag feiern kann. Am 2. Februar 1659 dokumentierte der Niederländer Jan van Riebeeck mit seinem Tagebucheintrag: “Today, praise be to God, wine was made for the first time from Cape grapes” – „Heute, Gott sei Dank, wurde zum ersten Mal Wein aus Kapwein hergestellt“ – die Geburtsstunde des Weinbaus am Kap der Guten Hoffnung. Das Weinland Südafrika blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, die mit viel Leidenschaft und Engagement gemeistert wurde. Gerade die letzten 30 Jahre haben gezeigt, welch enormes Potential die Natur und die kulturelle Vielfalt dieses Weinland auszeichnen und besonders machen!
Eine reiche Geschichte: Aufstieg und Herausforderungen
Südafrikas Weingeschichte spiegelt die wechselvolle Geschichte des Landes wider. An die Südspitze des afrikanischen Kontinents kamen die ersten Reben mit den Holländern. Bereits im Jahr 1655 ordnete Jan van Riebeck, der damalige Direktor der Niederländisch-Ostindischen Handelskompanie, die Anpflanzung von Reben an. Der ehemalige Schiffsarzt wusste um die gesundheitsfördernde Wirkung des Weins für die Seeleute und Handelsreisenden, die von der Krankheit Skorbut geplagt wurden. Seine Aufgabe war es, die Reisenden mit Proviant zu versorgen. Sie sollten sich von den Strapazen der beschwerlichen Seereise zwischen Europa und Asien erholen können.
Die Rebsetzlinge wurden 1659 von Riebeeck aus Frankreich, Spanien und dem Rheinland importiert. Darunter waren Sorten wie Chenin Blanc, Semillon, Cinsault und Riesling. Im Company Garden im damaligen Kapstadt wurden die ersten Versuchsgärten angelegt. Eine grüne Oase im Zentrum der Mutterstadt. Als nach dreijähriger Pflege endlich der erste Traubensaft gekeltert wurde, notierte Riebeeck erleichtert in sein Tagebuch:
„Heute, Gott sei Dank, wurde zum ersten Mal Wein aus Kaptrauben gekeltert. Und der erste frische Most wurde aus dem Fass gekostet“.
Mit dem Erstarken der Kapkolonie kamen immer mehr Menschen ans Kap, so auch die Hugenotten, die aus religiösen Gründen aus Frankreich verfolgt wurden. Sie wurden zwischen 1688 und 1690 im Drakenstein-Tal angesiedelt, das später in Franschhoek (Ecke der Franzosen) benannt wurde. Viele von ihnen brachten, ebenso wie die deutschen Einwanderer, handwerkliche Fähigkeiten und Wissen über den Weinbau mit.
Die eigentliche Expansion des Weinbaus wurde von Gouverneur Simon van der Stel, dem späteren Nachfolger Riebeecks, vorangetrieben. Er dehnte die Landwirtschaft immer weiter ins Landesinnere aus und gründete 1679 die heutige Wein- und Universitätsstadt Stellenbosch. Heute ist Stellenbosch mit über 150 Weingütern eine pulsierende Weinregion. Er selbst pflanzte 1685 einige tausend Rebstöcke am Nordwesthang des Tafelbergs. Steen ist übrigens die historische Bezeichnung für Chenin Blanc. Glücklicherweise war van der Stel ein Weinliebhaber. Er setzte sich maßgeblich für die Verbesserung der Weinqualität ein.
Blütezeit und Rückschläge
Ende des 18. Jahrhunderts wurden südafrikanische Weine durch das Weingut „Groot Constantia“ international populär. Die edlen Dessertweine machten in Deutschland, England und Frankreich Furore: Der preußische König, Napoleon und Bismarck schwärmten für die noblen Kreszenzen. Der Dichter F. G. Klopstock ließ es sich nicht nehmen, im Jahr 1795 eine Ode auf den Wein vom Kap zu dichten. Auch Jan Austen war nach den Überlieferungen eine seiner Liebhaber.
Im 19. Jahrhundert dehnte sich die Exportära der Südafrikaner in England ab 1805 weiter aus. Nach der zweiten britischen Besetzung des Kaplandes profitierten die Südafrikaner bis 1861 von der Einschränkung des Weinhandels der Engländer mit den Franzosen aufgrund der Napoleonischen Kriege und dem Handelsverbot mit Frankreich. Diese Blütezeit fand jedoch ein jähes Ende. Wie in ganz Europa fiel auch am Kap die Reblaus über die Weinberge her und vernichtete gegen Ende des 19. Jahrhunderts einen großen Teil der Weinberge. Millionen Rebstöcke mussten gerodet und verbrannt werden. Erst mit der Entdeckung reblausresistenten Setzlinge war eine Wiederbepflanzung der Weinberge möglich.
Während des Zweiten Burenkrieges (1899-1902) stieg in der Kapregion neben dem Weinkonsum auch die Produktion von Branntwein. Dieser wurde aus einfachen Massenweinen hergestellt. Dies führte jedoch zu drastischen Mengenüberschüssen und Preiseinbrüchen, als der Krieg zu Ende ging. Im Jahr 1918 wurde eine zentrale Genossenschaft gegründet, um diese existenzbedrohende Situation zu lösen. Die KWV (Kooperatiewe Wijnbouwers Vereniging van Zuid-Afrika, Beperkt) begann, den Weinbau zentral zu steuern. Das reichte vom Anbau bis zur Festlegung von Mindestpreisen. Die Rolle der KWV wandelte sich unter der Gunst der damaligen Regierung immer mehr zu einer staatlichen Kontrollinstanz. Schließlich wurde die KWV zum einzigen Weinexporteur des Landes.
1948 begann in Südafrika offiziell die Apartheid-Doktrin. Sie brachte alle damit verbundenen Herausforderungen mit sich. Internationale Handelssanktionen isolierten den südafrikanischen Weinbau. Der Export kam zum Erliegen, ebenso der Austausch von Wissen und der Aufbau von internationalen Beziehungen.
Einzig der Exportschlager, die Marke Lieberstein trotzte den widrigen Bedingungen mit aufmerksamkeitsstarken Marketingkampagnen. Die halbtrockene Cuvée aus Chenin Blanc und Clairette avancierte 1964 als erster Markenwein unter dem Slogan „Überall. Jederzeit“ zum weltweiten Besteller.
Moderne Ära und Nachhaltigkeit
Politische Wende und Wiederaufstieg
Mit der politischen Wende ab den 1990er Jahren begann eine völlig neue Ära. Man könnte sagen, dass 1994 – mit der Wahl von Nelson Mandela – das Geburtsjahr einer neuen, modernen Ära des südafrikanischen Weinsektors war. Die Tore öffneten sich – die Winzer konnten reisen, Erfahrungen sammeln und am internationalen Handel teilnehmen. Die Folge war eine rasante Modernisierung und Privatisierung des gesamten Weinsektors.
Neue Rebsorten kamen ins Land – vor allem für die Produktion hochwertiger Rotweine. Neben Chardonnay und Sauvignon Blanc wurden vor allem die klassischen Bordeaux-Rebsorten Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc sowie Shiraz angebaut. Die Winzer lernten den Wert ihrer Weinanbaugebiete und deren Potenzial für die Produktion hochwertiger Weine besser kennen. Der internationale Vergleich und Dialog war für alle Beteiligten ein enormer Ansporn. Zumal erst jetzt die Privatisierung des Sektors möglich wurde. Viele Winzer wandelten sich vom Traubenlieferanten zum Weinproduzenten. Sie investierten in moderne Technik und attraktive Gebäude, die einen modernen, innovativen Weintourismus ermöglichten. 1971 gründeten vier Pioniere die erste Weinroute: die Stellenbosch Wineroute – als Vorbild für viele weitere in anderen Regionen.
Es herrschte Goldgräberstimmung. Bis heute konzentriert sich der Weinbau fast ausschließlich auf die Provinz Western Cape rund um Kapstadt. Die rund 100.000 Hektar Rebfläche sind gesetzlich geschützt und in Anbaugebiete, Regionen, Distrikte und Einzellagen unterteilt. Das Wine of Origin System wird seit seiner Einführung 1972 vom Wine & Spirit Board kontrolliert, das dem Landwirtschaftsministerium untersteht.
Der Vorteil dieses umfassenden Strukturwandels war, dass sich der südafrikanische Weinsektor gemeinsam an zukunftsweisenden Richtlinien eines naturnahen Weinbaus orientieren konnte. 1978 wurde das Regelwerk „Integrated Production of Wine“ (IPW) als umfassende gute fachliche Praxis eingeführt
Nachhaltige Weinproduktion
Mit zunehmendem Bewusstsein für die Wichtigkeit einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Weinproduktion wurden die Richtlinien erweitert. Besonderes Augenmerk legten die Südafrikaner auf den Naturschutz, um die einzigartige Biodiversität der Kapregion zu erhalten. Weitere Schwerpunkte sind der schonende Umgang mit Wasser und die Vermeidung von Abfällen. Zunehmend rücken die Reduzierung von CO2-Emissionen und die Nutzung alternativer Energiegewinnung, wie beispielsweise Solarenergie, in den Fokus.
Bereits im Jahr 2010 hat sich die südafrikanische Weinwirtschaft freiwillig auf ein nachhaltiges Leitbild für die Weinproduktion verpflichtet. Diese Selbstverpflichtung führte 2010 zur ersten Zertifizierung für nachhaltige Weinproduktion in Verbindung mit dem Nachhaltigkeitssiegel „Sustainability & Integrity“.
Südafrikas Weine ein Ausdruck kultureller Vielfalt
Neben dem Umweltschutz ist die kulturelle Aufarbeitung der wechselvollen Weingeschichte des Landes ein zentrales Handlungsfeld. Mit der Gleichstellung aller Südafrikaner begann für die vielen Arbeiterfamilien, die seit Generationen auf den Farmen arbeiteten, eine neue Epoche. Deren Früchte langsam sichtbar werden. Nach nunmehr fast 30 Jahren ist der Weinsektor in Südafrika so bunt und vielfältig wie nie zuvor. Dem wirtschaftlichen Erfolg der letzten drei Jahrzehnte ist es zu verdanken, dass heute rund 270.000 Menschen im Weinbau und Weintourismus beschäftigt sind.
Die Ausbildung von Fachkräften im Weinsektor hat sich im Laufe der Jahre stetig verbessert. Erfreulich ist auch die steigende Zahl an Weinen, die eigenverantwortlich von von ehemals benachteiligten Südafrikaner verantwortet werden. Bedauerlicherweise waren Südafrikas Weinbranche im Zeitraum 2020 bis 2022 von extremen Einschränkungen im Weinverkauf betroffen. Der Einbruch im Tourismus hat viele Arbeitsplätze gekostet und die Gesellschaft am Westkap vor große Herausforderungen gestellt. Steigende Lebenshaltungskosten, Inflation und die anhaltende Energiekrise sind ebenfalls extreme Belastungen für Unternehmen und Privathaushalte.
Herausforderungen durch Corona-Maßnahmen
Auswirkungen der Pandemie
Die Weinwirtschaft Südafrikas stand in den Jahren 2020 bis 2022 vor beispiellosen Herausforderungen durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie. Das Alkoholverbot und die Restriktionen im Weinverkauf führten zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen. Besonders der Einbruch im Tourismus, einer der wichtigsten Sektoren für den Weinabsatz und die Weingüter, verschärfte die Situation. Viele Arbeitsplätze gingen verloren, und die gesamte Gesellschaft am Westkap wurde vor immense Herausforderungen gestellt.
Konsequenzen für den Weinexport
Das Exportverbot für Weinprodukte während der strengsten Lockdown-Phasen traf die Branche zusätzlich hart. Winzer und Produzenten kämpften mit einem Überschuss an unverkauften Weinen und mussten kreative Lösungen finden, um die Lagerbestände zu managen und ihre Betriebe am Laufen zu halten. Diese Phase brachte auch langfristige Probleme wie steigende Lebenshaltungskosten, Inflation und eine anhaltende Energiekrise mit sich, die sowohl Unternehmen als auch Privathaushalte stark belasteten.
Wege aus der Krise
Trotz dieser Widrigkeiten zeigte die Weinbranche Südafrikas bemerkenswerte Resilienz. Viele Winzer nutzten die Zeit, um ihre Produktionsprozesse zu optimieren und innovative Wege zu finden, ihre Weine international zu vermarkten. Online-Verkäufe und virtuelle Weinproben wurden populär und halfen, die Verluste teilweise zu kompensieren. Die Krise unterstrich die Bedeutung eines flexiblen und anpassungsfähigen Wirtschaftssystems und förderte den Zusammenhalt innerhalb der Branche.
Zukunftsaussichten
Qualität und soziale Gerechtigkeit
Neben Qualitätsoptimierung und sozialen Engagements richtet sich der Fokus nun auf wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Qualität, fairer Lohn und Klimaschutz sind zentrale Ziele, die finanziert werden müssen. Jeder Weinliebhaber weltweit kann dazu beitragen, indem er südafrikanische Weine genießt und somit die lokale Weinbranche unterstützt.
Südafrika, mit seiner reichen Weinkultur und beeindruckenden Geschichte, lädt Sie ein, Teil dieser außergewöhnlichen Reise zu sein. Feiern Sie mit uns Südafrikas mannigfaltige Weinkultur am Kap der Guten Hoffnung!