Wirtschaft
Für Südafrikas Weinwirtschaft war der demokratische Regierungswechsel der Auftakt einer neuen Ära. Der Weinsektor hat sich von seinem „Aschenbrödeldasein“ in eines der spannendsten Weinländer der Welt gewandelt. Während der weißen Vorherrschaft hat sich die Weltöffentlichkeit den Weinen vom Kap verweigert. Der Weinsektor wurde monopolistisch verwaltet. Es gab nur wenig privatwirtschaftliche Erzeuger, die Weinberge waren in keinem guten Zustand, es wurden fast ausschließlich weiße Rebsorten für die Erzeugung von Massenweinen oder Branntwein angepflanzt. Mit dem politischen Wandel begann auch die Transformation der Weinwirtschaft.
Im Laufe der vergangenen 25 Jahre sind die Weinexporte von knapp 24,5 Millionen Liter (1993) auf rund 540 Millionen Liter im Jahr 2017 beständig gestiegen. Die Rebflächen wurden zwar nicht ausgeweitet, aber die Anbaupolitik optimiert. Das bedeutet, es wurden verstärkt Rebsorten für die Erzeugung von Qualitätsweinen an idealen Standorten angepflanzt. Der Anteil von roten Rebsorten, wie Cabernet Sauvignon und Shiraz nahm zu. Heute werden rund 45 Prozent rote und 55 Prozent weiße Rebsorten angebaut. Weißer Spitzenreiter ist noch immer die Traditionssorte Chenin Blanc, gefolgt von Chardonnay und Sauvignon Blanc.
Mit der Aufhebung der Sanktionen begannen Forscher, Winzer und Weinmacher die Welt zu bereisen. Im Dialog mit internationalen Kollegen erkannten sie das Potenzial ihrer heimischen Weinregionen. Sie entwickelten neue Ideen und Sichtweisen. Der gesamte Weinsektor wurde privatisiert und modernisiert. Es entstanden rund 550 private Weinerzeuger, die heute ihre Weine weltweit vermarkten. Die Ertragsrebfläche von rund 97.000 Hektar wird von ca. 3.250 Weinfarmern bewirtschaftet. Diese liefern ihre Trauben an die Genossenschaft, an privat geführte Weinerzeuger oder an freiberufliche Kellermeister, die ihre eigene Weinserie auflegen.
Qualität ist Trumpf
Die Winzer entdeckten die hohe Unterschiedlichkeit ihrer Weinbergslagen und die Einzigartigkeit der mannigfaltigen Flora und Fauna, die weltweit einmalig ist. Sie entdeckten die Parallele zwischen der Mannigfaltigkeit ihrer einzigartigen Biodiversität und der hohen Varianz ihres Terroirs. Für die Weinszene bildet diese hohe natürliche Vielfalt eine Schatztruhe voller Möglichkeiten, um hochwertige Weine zu erzeugen. Dass die Winzer diese Chance nutzen, das beweisen Initiativen wie z. B. die Swartland Revolution, das Old Vine Project und die zahlreichen Vereinigungen, die sich gemeinschaftlich der qualitativen Entwicklung der Hauptrebsorten, wie z. B. Pinotage oder Chenin Blanc widmen.
Noch immer ist das Weinland Südafrika bestrebt, sich von dem Image als Lieferant für preiswerte Massenweine frei zu machen. Die steigende Zahl der Qualitätsweine, der hohe Zuspruch von renommierten Weinkennern in aller Welt, die Unterstützung des Handels, immer wieder auch neue Weine in die Regale zu nehmen, dient der wirtschaftlichen Absicherung der Betriebe. Positiv ist zudem die Entwicklung der Konsumenten, sich auch höherwertige Weine zu gönnen und fair produzierte Weine zu fordern. Damit bestärken sie den Transformationsprozess des Weinsektors, der bedeutet, neben dem Umweltschutz auch die soziale Gerechtigkeit weiter zu verbessern.