Pinotage ist eine einzigartige südafrikanische Rebsorte –entstanden aus einer Kreuzung von Pinot Noir und Cinsaut. Über nun bald 100 Jahre repräsentiert diese Rotweinsorte das Weinland am Kap in den Weinregalen der Welt.

Sein eigenwilliges Geschmacksprofil rief von Anbeginn an sowohl Kenner als auch Skeptiker auf den Plan. Inzwischen gibt es eine Vielfalt an Stilrichtungen – von gerbstoffbetonten bis hin zu elegant-filigrane Pinotageweinen, die ihre noblen Eltern widerspiegeln. Pinotage ist von der Historie bis zur Gegenwart eine spannende Geschichte, die man sich immer wieder gerne erzählt. Am Liebsten mit einem Glas Pinotagein der Hand. Ein schöner Anlass ist beispielsweise der Pinotage Day am 9. Oktober. Zudem ist dieser gehaltvolle Rotwein mit seiner Wärme am Gaumen während der kühleren Jahreszeit zu vielen Anlässen eine gute Wahl.

Der Vater des Pinotage

Die Geschichte des Pinotage beginnt mit seinem Erfinder, Prof. Abraham Izak Perold (20.10.1880 – 11.12.1941). Perolds akademische Leistungen ebneten den Weg für die Schaffung des Pinotage. Sein B.A.-Abschluss in Mathematik, Physik und Chemie krönte er mit einem Doktortitel in Chemie, den er in Deutschland abschloss. Es folgte eine zeitweilige Professur in Chemie an der Universität von Kapstadt. Dank seines umfassenden Fachwissen reiste Perold im Jahr 1906 auf Einladung der südafrikanischen Regierung zur Erkundung von Rebsorten in zahlreiche Weinnationen in aller Welt.

Von seinen Studien brachte er 177 Rebsorten mit zurück ans Kap. Dort wurde zum er zum ersten Professor für Weinbau an der Universität Stellenbosch berufen. Später stieg er zum Dekan an der Fakultät für Landwirtschaft auf. Im Jahr 1927 trat er in die KWV ein und leistete dort einen großen Beitrag zur Weiterentwicklung des Weinsektors. Noch heute sind die 177 Rebsorten Teil einer Sammlung auf der Welgevallen Experimental Farm der Universität Stellenbosch.

Französischer Prinz trifft bescheidenen Bauern

1925 kreuzte Prof. Perold erfolgreich die Rebsorten Pinot Noir und Cinsaut, eine bereits eingeführte und traditionsreiche Rebsorte in der Kapregion, die damals als Hermitage bekannt war. Daher auch der Name Pino-tage. Viele Jahre später gelang es Prof. C.J. Theron, diese Setzlinge, von denen es nur noch vier gab, aus dem verwilderten Garten von Perold zu retten und zu vermehren. Dann widmete er sich einer mehrjährigen Auswertung und Weitervermehrung der Sprößlige. Zu den umfangreichen Studien zählte auch der Ausbau eines Versuchsweines.

Sechzehn Jahre später stellte Charl Theron de Waal (bekannt als CT de Waal) 1941 in Stellenbosch das erste Fass Pinotage-Wein her. 1961 erschien die Bezeichnung Pinotage zum ersten Mal auf einem Weinetikett, und zwar auf dem Lanzerac Pinotage 1959 der Stellenbosch Farmers Winery.

Obwohl schon viel über diese Rebsorte geforscht wurde, bleiben relevante Fragen offen: Warum kreuzte Perold den Pinot Noir, diese edle französische Rotweinsorte mit dem Hermitage, einer viel bescheideneren Sorte? Wollte er den noblen Geschmack der einen mit der Widerstandsfähigkeit der anderen Rebsorte, die unter den klimatischen Bedingungen ertragstark wuchs, kombinieren? Oder war es eher die sensorische Vermählung, die den Forschergeist von Perold beflügelte? Leider hat er keine Notizen hinterlassen, um seine Mission zu erklären. Somit überlässt er es seiner Nachwelt darüber zu philosophieren.

Die Ergebnisse aus den ersten kommerziellen Anpflanzungen wurden vor allem von den Winzern begeistert aufgenommen. Die Trauben reiften früh, hohe Zuckergehalte wurden leicht erreicht und die Reben blieben gesund und kräftig. Bei den Kellermeistern trennten sich die Lager: Die Jungweine zeigten eine tiefere, intensivere rubinrote Farbe als die der beiden Eltern. Einigen gefiel die Fruchtigkeit des Neulings, andere waren von den acetonartigen Aromen abgeschreckt, welche die sensorische Entwicklung des Pinotage über viele Jahrzehnte prägten.

Uniquely South African

Den ersten qualitativ wichtigen Meilenstein für Pinotage löste die Weinfamilie Morkel aus Bellevue im Jahr 1959 aus, als sie mit dieser praktisch unbekannten Sorte den Preis für den besten Wein auf der Cape Young Wine Show gewannen. Die internationale Wendung kam 1987. Die Auszeichnung von Beyers Truter, dem damaligen Kellermeister von Kanonkop zum „Diner’s Club Winemaker of the Year“, der für seine Liebe zum Pinotage bekannt war, weckte die Aufmerksamkeit der internationalen Weinszene. Vor allem weil anlässlich dieses Ritterschlags viele gereifte Pinotageweine geöffnet wurden, die eine völlig neue Qualitätsdimension offenbarten. Man war doch sehr angenehm überrascht, wie gut der Wein gealtert war. Der z. T. seltsame Duft war angenehmen Beeren-, Bananen- und Schokoladenaromen gewichen.

Der zu dieser Zeit bereits verstorbene Senator Paul Sauer vom Weingut Kanonkop hat viel dazu beigetragen, den Pinotage populär zu machen. Aber erst ab 1990, mit der Aufhebung der wirtschaftlichen Sanktionen, entwickelte sich ein neues Interesse an dieser Sorte. Im Laufe der Jahre wurde viel im Bereich der Pflanzenverbesserung und der Klonbewertung getan. Die Anpflanzungen haben darauf hin erheblich zugenommen.

Auf der International Wine & Spirit Competition im Jahr 1991 in London wurde Geschichte geschrieben, als der Kanonkop Pinotage die Robert Mondavi Trophy als bester Rotwein erhielt und Beyers Truter, Kellermeister von Kanonkop, erneut zum International Winemaker of the Year ernannt wurde.

Die Jury lobte den Pinotage mit Worten wie „ausgezeichneter Wein und Rebsorte mit enormem Potenzial“, „die Zukunft Südafrikas“ und „Pinotage sollte ernst genommen werden“. Seitdem wurde für diese Sorte eine eigene Kategorie geschaffen, die sie auf eine Stufe mit den traditionellen europäischen Sorten stellt. Und dennoch bleibt Pinotage bis heute eine „Uniquely South African Story“.

Wie sieht die Zukunft für Pinotage-Weine aus?

Pinotage ist ein unverrückbarer Teil der DNA des südafrikanischen Weinbaus. Das Besondere an dieser Rebsorte ist, dass der Wein aufgrund seiner eigenwilligen Charakteristik auch immer wieder polarisiert hat. Dieser Spannungsbogen hat die Dynamik dieser Sorte beflügelt. Die Winzer haben sich in der Pinotage Association zusammengeschlossen. Es wurde gemeinschaftlich viel geforscht, verkostet und debattiert. Die heutigen Qualitäten sind wesentlich geschmeidiger und feinwürziger als noch vor wenigen Jahren. Die junge Generation betont zunehmend die fruchtige Komponente und behandelt die Beeren bzw. die Maische weniger intensiv als vielleicht noch ihre Väter.

In wenigen Jahren feiert Pinotage seinen 100-jähriges Geburtstag. Dies ist den drei Männern zu verdanken: Den Urvater, Abraham Perold – der die Eltern vermählt hat; CJ Theron – der die Sprößlinge veredelt hat sowie Beyers Truter, der Mann, der Pinotage auf die Weltbühnen der Weinszene gehoben hatte. Doch der Werdegang von Pinotage wurde auch geprägt von der Beständigkeit und dem Zusammenhalt der südafrikanischen Weinfamilie. Inklusive einer steigenden Zahl von Weinkonsumenten, die diese Rebsorte mögen. Und deshalb braucht man auch keine Glaskugel bemühen, um Pinotage eine gute Zukunft vorauszusagen – denn hervorragende Weinqualität, gepaart mit Einzigartigkeit und Authentizität, wird sich durchsetzen und immer gefragt sein.

Weitere Informationen – www.pinotage.co.za

Text: Petra Mayer