Am 23 Mai 2024 hat sich Südafrikas Weinsektor zu einem zukunftsorientierten „South Africa Summit“ in den modernen Räumlichkeiten des Cape Town Convention Centers getroffen. Zahlreiche Branchenvertreter sind der neu geschaffenen Dachorganisation „South Africa Wine“ gefolgt, um gemeinsam die Herausforderungen zu konfrontieren und, sich über Chancen auszutauschen. Der Weinsektor ist sich einiges: In den vergangenen 30 Jahren – seit der Weinsektor unter dem politischen Mandat eines demokratischen Südafrika bestimmt wird – wurde viel Gutes und Werthaltiges in den Weinregionen am Kap geschaffen.  Beeinflusst wird der Sektor von den heimischen und globalen Entwicklungen. Die aktuell neben steigenden Kosten auch von globalen Krisenherden beeinflusst wird. Zudem geht der Weinkonsum vielerorts zurück. Und eine neue Generation an potenziellen Konsumenten haben andere Gewohnheiten und Vorlieben auf die sich der Sektor einstellen muss.

Fokussieren, glauben, umsetzen

Die südafrikanische Weinwirtschaft feiert ihr 30-jähriges Bestehen und hat seit 1994 einen bemerkenswerten Wandel vollzogen, der sich in technologischen Fortschritten und guten Alltagsweinen bis zu Weinen von Weltklasse widerspiegelt. Die Branche bietet 270 000 Arbeitsplätze und exportiert 306 Millionen Liter im Wert von 10 Milliarden Rand. Der Inlandsverbrauch liegt bei 474 Millionen Liter Wein und 29 Millionen Liter Brandy.

Nach Ansicht von Rico Basson, dem Geschäftsführer von South Africa Wine, gibt es für den Sektor zahlreiche Herausforderungen und vielversprechende Wachstumschancen. Basson: „Viele unserer Traubenproduzenten und Weinkellereien stehen aufgrund von Kostensteigerungen, die über der Inflation liegen, einer geringeren Ernte und niedrigen Preissteigerungen weiterhin unter Cashflow-Druck. Beeinflusst von vielen Faktoren wie beispielsweise die politische Unsicherheit hat dies in den letzten zehn Jahren zu Rodung von Rebflächen und weniger Neuanpflanzungen geführt.“

South Africa Wine hat als übergeordnetes Branchengremium eine umfassende Analyse eingeleitet, die vom Wissenstransfer bis zum globalen Marktzugang die gesamte Wertschöpfungskette umfasst. In den nächsten Monaten sollen strategische Empfehlungen und Konzepte vorgestellt werden, um Unternehmen und Verbänden bei der Bewältigung der Ungewissheit und vor allem bei der Neupositionierung für eine nachhaltigere Position zu unterstützen.

Intelligenter handeln. 

Bruce Whitfield, mehrfach ausgezeichneter Journalist, Bestsellerautor und gefragter Redner, betont, dass man inmitten von Chaos und Ungewissheit gedeihen kann, indem man Chancen ergreift und Einzelpersonen und Teams noch mehr fördert. Er plädiert dafür, dass alle Beteiligten bessere Fragen stellen, um versteckte Risiken aufzudecken und verborgene Muster zuerkennen. Whitfield: „Angesichts großer globaler Probleme wie Kriege, Staatsverschuldung und technologische Störungen müssen sich Führungskräfte auf das konzentrieren, was sie beeinflussen können. Wahre Macht bedeutet, zu wissen, was man bei all der Vielfalt an Informationen ignorieren kann.“

Whitfields betonte die Bedeutung von Daten gegenüber Sensationsmeldungen. Er behauptete, dass das Verständnis der Welt auf Fakten und nicht auf Rhetorik beruhen sollte. Er ermutigt Führungskräfte, intelligente Fragen zu stellen, Zusammenhänge zu erkennen und sich auf die Zukunft vorzubereiten, anstatt zu versuchen, sie vorherzusagen. Er unterstrich, dass die Menschheit heute besser dasteht als vor 200 Jahren. Er rief zu einem Perspektivenwechsel auf. Whitfields: „Treten Sie einen Schritt zurück, gewinnen Sie eine umfassende Perspektive, verstehen Sie den wahren Zweck Ihres Handels und verbessern Sie sich. Chancen können auch in schwierigen Zeiten ergriffen werden, wenn man opportunistisch ist, Prioritäten setzt, Kapital bewahrt und entschlossen handelt, um Wachstum und Widerstandsfähigkeit zu gewährleisten.“

Positionierung von Wein als führende Branche in Sachen Nachhaltigkeit

Dr. John Barker, Generaldirektor der OIV, hebt die drängenden globalen Herausforderungen für die Weinwirtschaft hervor und nennt vier Schlüsselthemen: Klimawandel und Nachhaltigkeit, Wein und Gesellschaft, zukünftige Verbraucher und Handel sowie geopolitische Unsicherheiten. Da die weltweite Weinproduktion auf dem niedrigsten Stand seit 1961 ist, betont Dr. Barker, dass der Klimawandel die größte Bedrohung für den Sektor weltweit darstellt. Er fordert deshalb globale Innovationen sowie internationale Zusammenarbeit und Wissensaustausch, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Barker: „Durch die Konzentration auf nachhaltige Praktiken und die Anpassung an sich verändernde Gesellschafts- und Verbrauchertrends kann die Weinwirtschaft diese Unwägbarkeiten meistern und eine nachhaltige Zukunft sichern. Die Notwendigkeit, die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt zu stellen, ist unbestreitbar“.

Dr. Barker betont den integrativen und globalen Charakter der Weinbranchen und hebt die Stärkung der Widerstandsfähigkeit durch Zusammenarbeit hervor: „In einer Welt, in der es so viele widersprüchliche Botschaften gibt, besteht die Möglichkeit, den Wein als globalen Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit zu positionieren. Es ist notwendig, die Rolle und die Stellung des Weins in der Gesellschaft zu berücksichtigen und den tatsächlichen kulturellen und wirtschaftlichen Wert des Weins anzuerkennen. Wir müssen die gesundheitlichen Auswirkungen eines schädlichen Konsums anerkennen und uns für einen moderaten und risikoarmen Konsum einsetzen“.

Er unterstrich auch, wie wichtig es sei, die sich ändernden Vorlieben neuer und jüngerer Verbraucher zu verstehen und sich ihnen anzupassen, indem man ihre Erfahrungen mit der reichen Geschichte des Weins verbindet. „Die Weinwirtschaft bietet neben Qualität auch messbare Errungenschaften, die es zu nutzen gilt“, erklärt Dr. Barker und ermutigt die Branchenvertreter, aus ihren Stärken Kapital zu schlagen und künftige Chancen zu ergreifen.

Best Practise: Gutes tun und davon zu erzählen.

Unter der fachkundigen Leitung von Ivor Price, Moderator und preisgekrönter Journalist, Fernseh- und Radiomoderator mit einer Leidenschaft für die Landwirtschaft, sprach er mit Daphne Neethling, Eigentümerin und Direktorin von PaardenKloof Estate, Rydal Jeftha, CEO und MD von Koopmanskloof Vineyards, und Denzel Swarts, Gründer der Son of the Soil Leadership Foundation und Direktor der Pinotage Youth Development Academy.

PaardenKloof legt einen besonderen Schwerpunkt auf Naturschutz als Beitrag zur Zukunft. Die biologische Vielfalt ist eines ihrer Alleinstellungsmerkmale, wobei der Schwerpunkt auf Technologie und Innovation liegt, insbesondere im Bereich der Kunden. Daphne erzählte von ihren Erfahrungen als schwarze Frau und Markeninhaberin in der Weinbranche. Dank eines widerstandsfähigen, vielseitigen Geschäftsmodells konnte ihr Unternehmen einem 100-jährigen Sturm und einem verheerenden Brand trotzen. „Es geht um Hartnäckigkeit und Widerstandsfähigkeit und darum, mit einer Vision in die Zukunft zu blicken, die die Grundlage für Ihr Handeln und Ihre Entscheidungen bildet“, sagt sie. „Es geht auch darum, sich umzusehen und seinen Einfluss zu erweitern. Objektiv zu sein in Bezug auf das, was man sein und sehen will, und alle mitzunehmen, z. B. Kunden und Mitarbeiter.“

Rydal Jeftha erzählte eine Geschichte der Resilienz nach einer langen Karriere mit wenigen Wachstumsmöglichkeiten. Er unterstrich die Bedeutung der Ausdauer in der Weinbranche und die Notwendigkeit, die Jugend zu inspirieren. Diese Überzeugung befähigte ihn zu einer erfolgreichen Karriere bei Thandi Wines. Zu sehen, wie seine Leidenschaft auch seine Tochter dazu inspirierte, Winzerin zu werden, brachte alles ins rechte Licht. „Wir tun es für die nächste Generation“, sagte Rydal. Der Ansatz bei Koopmanskloof sei es, zuzuhören, um gehört zu werden. „Ich möchte die Leute mit Geschichten und der Qualität unserer Weine beeindrucken, denn Qualität allein reicht nicht aus. Man braucht Beständigkeit von Jahrgang zu Jahrgang. Man darf nicht selbstgefällig sein, sondern muss immer auf dem Laufenden bleiben. Und man muss dem Leben der Menschen, den Weinbergen und dem Keller einen Mehrwert verleihen.“

Denzel Swarts wies darauf hin, wie wichtig es ist, zu studieren und sich zu qualifizieren, um Veränderungen zu ermöglichen. Sein Unternehmen konzentriert sich auf eine solide Gemeinschaft, die Förderung wichtiger Lebenskompetenzen und die Schaffung einer starken Identität bei jungen Menschen. Bildung gibt ihnen das nötige Rüstzeug und vermittelt ihnen die Mentalität, etwas für die Zukunft zu tun. „Es war wichtig, die Veränderung zu sein, die ich sehen wollte. Wir nehmen keine Almosen an, sondern Handreichungen, die von Absicht und Verantwortung zeugen. Wir können nicht isoliert über den Wandel sprechen; er geht einher mit der persönlichen Verantwortung, zu einem integrativen Umfeld beizutragen.“

Südafrika – das Tor zu Afrika

Jordi Borrut, Geschäftsführer von Heineken Beverages, betonte die positiven Auswirkungen des Zusammenschlusses von Heineken und Distell auf Südafrika und verwies auf Investitionen in die Entwicklung von Lieferanten, die lokale Beschaffung und die Beschäftigung. Heineken betrachtet Südafrika als das Tor zu Afrika, und das Familienunternehmen hat sich verpflichtet, erhebliche Investitionen in die Zukunft zu tätigen. Dies zeigt sich in einer starken Fokussierung auf Nachhaltigkeit mit dem Ziel, bis 2030 Netto-Null-Emissionen zu erreichen und in Programme für verantwortungsvollen Alkoholkonsum zu investieren.

Laut Borrut ist die Besteuerung eine große Herausforderung für die Weinwirtschaft in Südafrika, wo eine viel höhere Verbrauchssteuer auf Alkohol erhoben wird als in den meisten anderen weinproduzierenden Ländern. Dies muss überdacht werden, da eine kürzlich veröffentlichte Studie, die auch eine Kosten-Nutzen-Analyse enthält, gezeigt hat, dass die legale Alkoholindustrie einen positiven jährlichen Nettobeitrag zur Gesellschaft in Höhe von R62 Milliarden leistet. Borrut versicherte dem Weinsektor das Engagement von Heineken und wies auf das Potenzial für ein erhebliches Wachstum hin, das selbst bei einer bescheidenen Steigerung der Marktdurchdringung mit 530 000 zusätzlichen Weintrinkern und Millionen von verkauften Litern gegeben wäre. Heineken stellt sich einen südafrikanischen Weinmarkt vor, der von einer gesunden Mitte dominiert wird, in der mehr hochwertige Marken den Konsum ankurbeln. „Wir wollen Ankermarken in diesem mittleren Segment, aber wir wollen auch unsere Marken zusammenfassen und vereinfachen, um klarzustellen, was wir nicht tun“.

Über die Trends hinausschauen

Obwohl Felicity Carter, Gründerin von Drinks Insider und Expertin für Weinkonsumenten, hat die Zunahme erfrischender Weiß- und kräftiger Rotweine, den Weintourismus und die Fokussierung auf Klimawandel und Nachhaltigkeit als wichtige Trends identifiziert. Sie schildert, dass es jedoch weitere relevante Trends in der Branche zu berücksichtigen gilt: Die Ansprache von Millennials, die Zunahme alkoholarmer und alkoholfreier Weine und das zunehmende Gesundheitsbewusstsein. Felicity fragte, warum trinken Millennials nicht genug Wein? Jüngere Verbraucher sind auf der Suche nach Geschmack. In einer Welt der unzähligen Geschmacksrichtungen gibt es zwei Dinge, die jüngere Verbraucher ansprechen: Weinwissen und edle Weine. Felicity: „Investieren Sie in Bildung und schaffen Sie Botschafter, und machen Sie das Sammeln von edlen Weinen transparent, mühelos und für alle zugänglich.“

Sie betonte, dass die Nutzung von Technologien wie KI und Datenanalyse das Weinbergsmanagement revolutionieren kann. Die Vorhersage von Krankheiten wie der Blattrollkrankheit, bevor sie auftreten, wird die Weinqualität und die Nachhaltigkeit erheblich verbessern. Während fast die Hälfte aller Weingüter weltweit mit einem akuten Arbeitskräftemangel zu kämpfen hat, insbesondere bei den Weinbergsarbeitern, ist Südafrika ein wichtiges Weinbauland, das von diesem Problem nicht geplagt wird, was seinen einzigartigen Vorteil bei der Aufrechterhaltung einer konstanten Produktion unterstreicht.

Carter zufolge haben gesundheitliche Bedenken einen erheblichen Einfluss auf die Trinkgewohnheiten, da viele Menschen aufgrund des Alkoholkonsums eine schlechtere Schlafqualität bemerken, die oft über Smartwatches aufgezeichnet wird. Die Erklärung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass kein Alkoholpegel unbedenklich sei, hat die Achtsamkeit weiter verschärft. Infolgedessen ist der Alkoholkonsum in vielen Ländern, insbesondere in den USA, aufgrund dieses Gesundheitsbewusstseins stark zurückgegangen. Carter: „Dies ist eine Herausforderung für die Weinwirtschaft, sich diesem Druck zu stellen. Es gilt die Rolle des Weins als ein Getränk vom Anbau bis zum Glas, als integraler Bestandteil der mediterranen Ernährung ist, hervorzuhaben und für einen maßvollen Konsum zu plädieren. Der kulturelle Wert des Weins als soziales geselliges Erlebnis könnte dazu beitragen, den rückläufigen Konsumtrends entgegenzuwirken.

Die Expertin fasst zusammen: „Die globale Weinwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Doch sie kann von den Eigenschaften sehr erfolgreicher Menschen lernen: diese arbeiten hart, setzen kontinuierlich auf Qualität, stehen mutig für ihre Überzeugungen ein, zeigen Ehrgeiz und pflegen gute Gemeinschaft.“ Wenn die Weinwirtschaft diese Grundsätze beherzigt, könne sie dem Gegenwind trotzen, ihre Qualität und ihren Ruf verbessern und einen treuen Kundenstamm aufbauen, der Exzellenz und Authentizität schätzt.

Partnerschaften und Zusammenarbeit

Nach einer äußerst erfolgreichen Veranstaltung zog Daneel Rossouw, Vertriebsleiter für den Bereich Landwirtschaft bei Nedbank Commercial Banking, folgendes Fazit: „Wir sind stolz darauf, mit South Africa Wine bei der ersten Auflage des Summits zusammengearbeitet zu haben.“  Aus Sicht der Nedbank war diese Premiere ein großer Erfolg. Das Thema der diesjährigen Veranstaltung, Blend and Bond, spiegelt die Leitprinzipien der Nedbank, nämlich Partnerschaft und Zusammenarbeit, wider, die die Grundlage für die Allianzen bilden, die man mit namhaften landwirtschaftlichen Akteuren wie South Africa Wine eingegangen sei. Diese Partnerschaften verdeutlichen das Engagement der Nedbank, die gesamte landwirtschaftliche Wertschöpfungskette auf ihren Höhepunkten und in Zeiten des Wandels und der Schwierigkeiten zugunsten eines nachhaltigen Wachstums zu unterstützen.

Der South Africa Wine Summit wurde von der Nedbank als Hauptsponsor präsentiert. Ardagh Glass Packaging, Hillebrand Gori und Agrimark waren als Co-Sponsoren beteiligt.