Südafrikas Weinwirtschaft hat in den letzten Jahren die soziale Nachhaltigkeit und der Schutz der Menschenrechte entlang der gesamten Lieferkette zur Priorität gemacht. Mit der Gründung von WIETA – Wine and Agricultural Ethical Trade Association – hat der Weinbereich bereits im Jahr 2004 eine Multi-Stakeholder-Institution geschaffen, die alle Interessensgruppen der Weinbranche zusammenführt. In 2012 lancierte WIETA den weltweit ersten weinspezifischen Sozialstandard „Fair Labour Certification“. Inzwischen werden unter der Leitung von WIETA jährlich über 400 Sozial­audits von international anerkannten Prüfern bei den Trauben- und Weinproduzenten durchgeführt. Über 76 Prozent aller südafrikanischen Produzenten durchlaufen regelmäßig diese Kontrollen, um die Einhaltung der strikten Kriterien des Sozialstandards auch WIETA-Kodex genannt, zu gewährleisten.

Dieser Kodex erfüllt neben den lokalen Anforderungen auch die Richtlinien internationaler Standards wie beispielsweise der Vereinten Nationen und die Übereinkünfte der International Labour Organisation (ILO). Zudem wurde eine transparente Datenbasis geschaffen, die eine soziale Risikoanalyse und eine lückenlose Überprüfung der gesamten Lieferkette gewährleistet. Die Umsetzung dieser Richtlinien wird von neutralen Institutionen über­wacht. Das System ist zwischenzeitlich bei vielen internationalen Weinkäufern anerkannt.

Soziale Rückverfolgbarkeit und Transparenz

Transparenz entlang der gesamten Lieferkette einschließlich der Lieferanten, ist ein wesentlicher Faktor, um soziale Missstände zu erkennen, zu bewerten, zu bewältigen und zu beseitigen. Alle Weineinkäufer, die sich für eine verantwortungsbewusste Warenbeschaffung einsetzen und potenzielle Risiken erkennen wollen, sollten laut WIETA darauf bestehen, dass ihre südafrikanischen Erzeuger nicht nur eine standortbezogene Produktzertifizierung durchführen. Sie sollten außerdem die Einhaltung der Menschenrechte, Überprüfung der Lieferkette und die soziale Rückverfolg­barkeit gemäß der Fair Labour Certification einfordern. Seit 2023 ist dies auch für Fassweine möglich, um die soziale Integrität und Transparenz der Traubenproduzenten zu gewährleisten und dem globalen Weinhandel einen echten Mehrwert zu bieten.

Durch die WIETA-Zertifizierung erhält dem Weinhandel Zugang zu relevanten Daten, um die sozialen Rahmenbedingungen bei seinen Lieferanten zu beurteilen. Dank dieses Risikomanage­ment­systems ist jeder Trauben- und Weinlieferant eindeutig identifizierbar. Damit kann verhindert werden, dass Kellereien in den Regionen Robertson und Worcester nicht fälschlicherweise mit Nicht-Weinanbaugebieten wie z.B. De Doorns verwechselt werden, wie dies in einseitigen Medienberichten mehrfach geschehen ist.

Die Wine Industry Ethical Trade Association (WIETA) legt großen Wert darauf, dass alle zertifizierten Produzenten ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht (Human Rights Due Diligence Policy) entlang der gesamten Lieferkette einhalten. Die Umsetzung dieser Richtlinien ist Bestandteil einer erfolgrei­chen Zertifizierung und der Vergabe des Labels für den jeweiligen Wein.  Alle WIETA-Produzenten müssen die im WIETA-Kodex festgelegten Arbeits- und Sozialstandards einhalten. Damit erfüllen sie auch die wichtigsten Leitprinzipien der Vereinten Nationen und die Kernübereinkommen der Internati­onalen Arbeitsorganisation (ILO). Dazu gehören u. a. die Identifizierung aller sozialen Risiken inner­halb des gesamten Produktionsprozesses, die Verpflichtung zur Rassen- und Geschlechtergleichheit, Verbot von Kinderarbeit, die Ermöglichung des beruflichen Aufstiegs von Frauen und der uneinge­schränkte Zugang zu allen Beschäftigungsmöglichkeiten, die das Unternehmen bietet.

Beschwerdemechanismen

Ein wesentlicher Bestandteil der WIETA-Zertifizierung ist, dass alle Personen, die an der Herstellung des Produkts beteiligt sind, die Möglichkeit haben müssen, sich möglichst barrierefrei über Missstände zu beschweren. Alle Anschuldigungen über tatsächliche oder mögliche Beanstandungen können anonym über eine WhatsApp-Nummer direkt an die zuständige Person oder an die Abteilung Standards und Zertifizierung gerichtet werden. Ergänzend ist gefordert, dass die Produzenten ihre eigenen betrieblichen Whistleblowing-Mechanismen einrichten müssen. Die Betriebsleiter sind aufgerufen, mit ihren Arbeitergemeinschaften im persönlichen Kontakt zu sein, um Beschwerden, Probleme und Menschenrechtsverletzungen aufzudecken. Mit der Einrichtung dieser Beschwerdeverfahren erfüllen die Winzer die gesetzlichen Anforderungen des deutschen LkSG und der EU-Gesetzgebung zur Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht. In Südafrika wurden diese Systeme bereits vor der Verabschiedung dieser Gesetze etabliert.

Multistakeholder-Dialog

Das Engagement der WIETA zielt darauf ab, eine anhaltende Kultur zur kontinuierlichen Verbesserung der sozialen Nachhaltigkeit in der Weinbranche zu etablieren. Ein zentrales Anliegen von WIETA ist es, nicht nur die soziale Infrastruktur in der Produktions- und Lieferkette fair zu gestalten, sondern auch die Kommunikation mit allen Anspruchsgruppen (Stakeholdern) zu stärken. Arbeiter, Zivilgesell­schaft und Gewerkschaften sind eingeladen, sich aktiv an diesem Dialog zu beteiligen. Es soll jedoch nicht nur über Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen zu berichten, sondernd diese sollen behoben und durch präventive Maßnahmen vermieden werden. Mit Trainings- und Capacity-Building-Maßnahmen, kontinuierliches Engagement, Sensibilisierung, Kompetenzentwicklung und Diversity-Programme wird das Bewusstsein und die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige faire Arbeitspraxis gestärkt.

Kooperation

WIETA ruft alle internationalen Weineinkäufer dazu auf, sich aktiv an ihren Aufklärungs- und Informationskampagnen zu beteiligen. Durch ein gemeinsames Engagement mit dem Handel, den Lieferanten und den Arbeitergemeinschaften sollen die wertvollen Möglichkeiten einer kooperativen nachhaltigen Bewirt­schaftung in sozialer und ökologischer Hinsicht immer besser genutzt werden.

„Die gesellschaftliche Leistung des Weinsektors ist nur so gut wie die Summe aller Glieder der globalen Wertschöpfungskette. Ein schwaches Glied kann dem gesamten System schweren Schaden zufügen. Jeder einzelne Akteur in der Wertschöpfungskette muss danach streben, seine ethischen und menschenrechtlichen Standards zu verbessern – zum Wohle der Arbeitnehmer, des Ansehens des Unternehmens und des südafrikanischen Weinsektors“. Linda Lipparoni, Chief Executive Office WIETA.

Die südafrikanische Weinwirtschaft hat sich verpflichtet, soziale Verantwortung zu übernehmen und höchste Standards zum Schutz von Menschen und Umwelt einzuhalten. Dazu gehören regelmäßige Audits, Risikoanalyse und -management, Transparenz und Rückverfolgbarkeit. Präventions- und Korrekturmaßnahmen sowie die Schaffung einer Plattform für einen offenen und ehrlichen sozialen Dialog – insbesondere auch mit dem Weinhandel. Ein engerer Austausch ist unabdingbar und man ist bereit, auch zu kritischen Fragen offen Stellung zu nehmen (Q&A) zu nehmen. Mit WIETA hat der Weinsektor eine Organisation geschaffen, um den aktuellen Herausforderungen       zu begegnen und die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Der nachhaltige Ansatz zur Förderung des Wohlergehens und der Würde aller Menschen, die an der Produktion und dem Genuss südafrikanischer Weine beteiligt sind, wird vom südafrikanischen Weinsektor weiterhin engagiert umgesetzt.

Fazit

Die Produktion ethisch-zertifizierter Weine ist eine von vielen Stärken der südafrikanischen Weinwirtschaft. Sowohl bei Flaschen- als auch bei Fassweinen gewährleisten die Wein­produzenten die Einhaltung internationaler Sozialstandards und transparente Lieferketten. Seit der Einführung der Fair Labour Certification im Mai 2012 lässt eine wachsende Anzahl südafrikanischer Weinproduzenten die Einhaltung ihrer menschenrechtlichen Sorgfalts­pflichten entlang der gesamten Lieferkette von unabhängigen Prüfern kontrollieren. Durch strenge Kriterien, Verbesserungsmaßnahmen, Schulungen und barrierefreie Beschwerd­emechanismen hat Südafrikas Weinwirtschaft eine vorbildliche nachhaltige Infrastruktur geschaffen, die Menschen und Umwelt in den Mittelpunkt stellt. Ein transparentes Risikoma­nagement garantiert auch dem Handel ein solides Risikomanagement und die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG). Die Tatsache, dass Südafrikas moderne Weinwirtschaft aus der Apartheid hervorgegangen ist, war die treibende Kraft für diesen innovativen Transformationsprozess. Die dunkle Geschichte des Landes und die anhaltenden Herausforderungen sollten die Akteure nicht davon abhalten, diese Errungenschaften zu würdigen und zu unterstützen. Trotz immer wieder kontroverser Medienberichte kann die heimische Weinwirtschaft auf beachtliche nachhaltige Erfolge im sozialen und ökologischen Bereich verweisen. Dies sind gute Nachrichten für deutsche Unternehmen, die zunehmend soziale Verantwortung über­nehmen müssen, z.b. im Rahmen des LkSG oder der betrieblichen Nachhaltigkeitsbilanzierung.

 

 

Weiterführende Informationen  WIETA, WoSA, SA Wine

Originalstatement des südafrikanischen Weinsektors

Übersicht der zertifizierten Winzer und Weine