Stellenbosch, 5. May 2020 – Südafrikas Weinjahrgang 2020 verspricht aufgrund günstiger klimatischer Bedingungen während der gesamten Wachstumsperiode außergewöhnliche Qualitäten. Dies geht aus dem jährlichen Wine Harvest Report 2020 der südafrikanischen Weinwirtschaft hervor. Conrad Schutte, Leiter von VINPRO, dem südafrikanischen Weinbauverband berichtet:“Trotz gewisser regionaler Unterschiedlichkeiten in den zehn Weinbaugebieten, waren die klimatischen Rahmenbedingungen für den aktuellen Jahrgang insgesamt günstig waren. Voll des Lobes sind die Erzeuger über die hervorragenden Weinqualitäten des neuen Jahrgangs.“

Laut der offiziellen Ernteschätzung des Branchenverbandes SAWIS (South African Wine Industry Information & Systems) haben die Südafrikaner im Jahr 2020 rund 1 349 883 Tonnen Trauben geerntet. Im Vergleich zur Ernte 2019 ist das ein mengenmäßiger Zuwachs von 8,2 Prozent. Die Gesamtmenge, einschließlich Saft und Konzentrat für nichtalkoholische Zwecke, Wein für Branntwein und Brennwein wird in 2020 voraussichtlich 1 046,2 Millionen Liter betragen. Die durchschnittliche Ausbeute liegt bei 775 Litern pro Tonne Trauben (SAWIS, 24. April 2020).

Der klimatische Verlauf der Wachstumssaison 2019/2020 beschreibt Schutte als durchweg günstig. Dennoch gab es einige Faktoren, die regional variierten und eine Reduktion der Erntemenge bedingte. Beispielsweise sah die Größe und die Anzahl der Trauben in allen Anbauregionen zunächst vielversprechend aus. Doch vereinzelt führten ungewöhnlich starke Winde während der sensiblen Wachstumsphase zu kleineren Beeren und zu einem entsprechenden Mengenrückgang. So kämpften in der Klein Karoo die Winzer weiterhin mit einer anhaltenden Dürre, die auch in einigen Teilen der Region Robertson zu spüren war. In den nördlichen Kapregionen führten Spätfroste bereits im Frühjahr zu Mengeneinbußen. In Stellenbosch, Swartland, Cape South Coast, Paarl und Breedekloof hingegen fiel die Weinernte größer aus als im Vorjahr. In Olifants River, ein Gebiet welches in den Vorjahren mit am stärksten von der Dürre betroffen war, wurde mit diesem Jahrgang nahezu das normale Produktionsniveau erreicht.

Auswirkungen von COVID-19

Glücklicherweise begann die Erntesaison in Südafrika in diesem Jahr rund zwei Wochen früher als üblich. Denn der unerwartet strikte nationale Lockdown ab 26. März 2020 zur Bekämpfung von COVID-19, bedingte ein zunächst abruptes Ende der Weinlese. Zu diesem Zeitpunkt mussten noch circa 40.000 Tonnen Trauben geerntet werden. Das entsprach rund drei  Prozent der aktuellen Gesamternte.

Die betroffenen Erzeuger verfielen kurzfristig in hektisches Treiben, um die letzten Trauben noch schnellstmöglich zu ernten und die Weinbereitung in den Kellern abzuschließen. Dank einer nachträglichen Einwilligung der Regierung konnten die Weinerzeuger die Lese fortsetzen. Von höchster Bedeutung für die Qualitätssicherung war, dass die kellerwirtschaftlichen Maßnahmen auch mit Blick auf die bereits eingelagerten jungen Moste noch zu Ende gebracht werden durften. Die Vertreter der weinbaulichen Organisationen beriefen sich in ihren Verhandlungen mit der Regierung darauf, dass die Arbeiten in den Kellereien unerlässlich seien, um eine Verschwendung primär erzeugter landwirtschaftlicher Güter zu vermeiden.

Das Weinjahr 2020 trumpft mit vielversprechender Weinqualität

„Mit Blick auf die großen Herausforderungen der COVID-Krise freuen sich die Winzer über einen insgesamt hervorragenden Weinjahrgang,“ erläutert Schutte. „Auch wenn in den letzten Tagen der Ernte aufgrund des nationalen Lockdowns, nicht alle Winzer den Mut hatten, ihre Trauben noch länger reifen zu lassen, haben wir eine hohe Menge an außergewöhnlichen Weinqualitäten einbringen können.“ Ganz weit oben stehen aus seiner Sicht dabei die Rebsorten Chenin Blanc und Chardonnay. Die ersten Qualitätsanalysen attestieren den frühreifenden Sorten eine auffallende Eleganz aufgrund stabiler Säurewerte. Bei den Rotweinen versprechen die ausgewiesenen Farb- und Tanninwerte gehaltvolle Weine mit konzentrierten Aromaprofilen.

Südafrikas Weinsektor setzt auf den Export

Im internationalen Vergleich kämpft das Weinland Südafrika mit den strengsten COVID-19-Regelungen. Sowohl der lokale als auch der internationale Weinverkauf wurde von der Regierung verboten und setzt die Produzenten unter erheblichen ökonomischen Druck. Eine große Erleichterung machte sich breit, als die Regierung die Ausfuhr alkoholischer Produkte ab dem 1. Mai 2020 wieder erlaubte. Damit verbunden war auch die Erlaubnis von Transporten zum Hafen und Flughäfen, sowie Aktivitäten zur Vorbereitung der Weine für den Export wie Abfüllung, Etikettierung, Verpackung und die Erstellung von Exportdokumenten.

Siobhan Thompson, CEO Wines of South Africa (WoSA) ist erleichtert: „Wir sind dankbar, dass unsere Weinerzeuger wieder exportieren dürfen. Das Risiko unsere Marktposition, Listungen und Promotionen auf unseren angestammten Absatzmärkten zu verlieren ist enorm. Umso mehr freuen wir uns, dass wir unseren Partnern in aller Welt einen besonderen neuen Weinjahrgang präsentieren können.“ Der wirtschaftliche Druck auf Südafrikas Winzer ist groß. Rund 50 Prozent der gesamten Weinmenge werden außerhalb der Landesgrenzen vermarktet. Im internationalen Kontext ist Südafrika der neuntgrößte Weinproduzent und produziert etwa 3,3 Prozent der weltweiten Gesamtmenge. Die Weinwirtschaft trägt mehr als R36 Milliarden zum heimischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Beschäftigt werden fast 300 000 Menschen. Thompson: „Wir möchten uns bei unseren internationalen Netzwerken an Agenten, Importeuren und Freunden bedanken. Sie sind uns trotz aller Schwierigkeiten, treu geblieben  und haben uns tatkräftig – auch in den sozialen Medien – unterstützt. Auf diese Unterstützung sind wir auch weiterhin angewiesen, um die Existenz unserer Betriebe abzusichern.“

Hintergrundinformation

Die klimatischen Rahmenbedingungen 2019/20 

In den meisten Weinregionen am Kap verzeichneten die Winzer einen guten Verlauf der Vegetationsperiode. Nach der Vorjahresende waren die Reben gesünder als sonst, die Blätter fielen später als üblich ab. Zudem konnten die Erzeuger ihre Weinberge nochmals bewässern und somit die Einlagerung von Nährstoffen fördern. Der Winter war kühl und brachte ausreichend Niederschläge, die sowohl die Böden als auch die Wasserdämme allerorten auffüllten. Der Austrieb im Frühjahr begann frühzeitig und gleichmäßig. Bedauerlicherweise kam es jedoch in einigen nördlichen Regionen zu Spätfrösten. Die sommerlichen Temperaturen waren während der Reifephase moderat; stressverursachende Hitzewellen blieben aus. Für die aromatische Entwicklung der Trauben waren dies die optimalen Rahmenbedingungen. Während der Reifephase kam es vereinzelt zu Niederschlägen, die zwar gut für allgemeine Wasserbilanz war aber auch den Krankheitsdruck, wie falscher Mehltau oder Botrytis geringfügig verschärfte.

Kurzer Überblick über die Regionen

Breedekloof
Die Ernte 2020 ist etwas größer ausgefallen als der Jahrgang 2019, obwohl das Auftreten von Wind im Frühjahr negative Auswirkungen auf den Verlauf der Blüte hatte.

Cape South Coast
Bessere Erträge als in der vorangegangenen Saison, dank günstiger klimatischer Bedingungen, der Einführung von Guyot-Schnittsystemen, angepasster Düngeprogramme, die das vegetative Wachstum eindämmten.

Klein Karo
Erneut gab es eine kleine Weinernte aufgrund anhaltender Trockenheit und einer rückläufigen Weinbaufläche.

Northern Cape
Die Mengen fielen geringer aus als erwartet aufgrund eines starken Frostes Ende Oktober in den tiefer gelegenen Gebieten östlich von Upington.

Olifants River
Ein herausragendes Jahr für dieses Gebiet. Die Reben hatten sich aufgrund der Niederschläge während der Wintersaison von der mehrjährigen Trockenphase gut erholt. Insgesamt war die Wasserversorgung in 2019/2020 besser als in der vergangenen Saison.

Paarl
Dank vorteilhafter Bedingungen nach der Weinernte, den ausreichenden Wasserressourcen und den moderaten Temperaturen wurde in 2020 eine bessere Ernte als im Vorjahr erzielt.

Robertson
Geringere Erträge aufgrund von Wasserknappheit in bestimmten Teilen der Region. Starke Windböen dämmten das Wachstum der Traubenbeeren. Der Rückgang der Neupflanzungen sowie das Auftreten von Botrytis gegen Ende der Lese führten zu Ertragseinbußen.

Stellenbosch
Die gute Versorgung der Reben nach der Ernte, ausreichende Niederschläge sowie das gemäßigte Klima während der gesamten Vegetationsperiode resultierten in einer mengenmäßig größeren Weinernte und herausragenden Qualitäten.

Swartland

Höhere Erträge als im Jahr 2019. Ideale Bedingungen während der gesamten Vegetation. Vor allem die guten Niederschläge während der Wintersaison brachten die ersehnte Erleichterung nach mehr als drei Jahren Trockenstress.

Worcester
Schwankende Ertragsmengen in der gesamten Region, wobei die Menge größer ausfiel als im Vorjahr.

 

Ausführlicher Erntebericht 2020 – Weinland Südafrika

Original:   Great Season – remarkable wines 

Herausgeber: Vinpro, Wines of South Africa, SAWIS

Übersetzt und überarbeitet:        Petra Mayer

Fotograph/Bildnachweis EJ Langner  (Marais Familiewyne, Breedekloof)