Südafrikas Weinwirtschaft erholt sich von der Covid-Krise. Nachhaltigkeit bestimmt das Handeln in allen Bereichen des Weinsektors. Klimawandel, Transformation, Weintourismus und nachhaltiges Wachstum sind die Herausforderungen, die man nur gemeinschaftlich bewältigen kann, darin sind sich alle Verantwortlichen einig.

Südafrikas Weinexporte erholen sich und wachsen vor allem in Ländern wie USA, Kanada, Afrika und China. Trotz der herausfordernden Störungen am Kapstädter Hafen und der globalen Schifffahrtsbeschränkungen. Das Gesamtexportvolumen Südafrikas für Wein klettere im Jahr 2021 um 22 Prozent auf 388 Millionen Liter. Der Wert der Exporte stieg um 12 Prozent auf 10,2 Mrd. Rand. Das Vereinigte Königreich ist nach wie vor der größte Exportmarkt Südafrikas und verzeichnet sowohl mengen- als auch wertmäßig ein kontinuierliches Wachstum.

Die übrigen fünf wichtigsten Exportländer nach Gesamtvolumen sind Deutschland, die USA, Kanada und Afrika, während die Ausfuhren nach China exponentiell gestiegen sind. „Obwohl der Handel mit China aufgrund des jüngsten Covid-19-Ausbruchs derzeit ruht, bietet der Rückschlag Australiens auf diesem Markt Südafrika die Möglichkeit, seinen Marktanteil zu erhöhen,“sagt Siobhan Thompson, CEO von Wines of South Africa – der Exportorganisation.

Noch ist unklar, wie schwerwiegend die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und die anhaltenden Transportbeschränkungen auf die Exportvorlaufzeiten, die Verfügbarkeit von Produktionsmittel und die Kostensteigerungen sein werden. Doch diese Herausforderungen trifft die gesamte Weinbranche weltweit.

Erholung des Weintourismus

Südafrikas Weintourismus ist eine tragende Säule in der Exportstrategie der Südafrikaner. Nach dem vollständigen Erliegen der internationalen Besucherströme freuen sich die Winzer über die ersten Rückkehrer. Thompson: „Weintourismus ist ein entscheidender Sektor für unsere Branche, wenn es um die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Erzielung von Einnahmen und die Bekannheit unserer Weine im Ausland geht. Wir sind dankbar, dass wir wieder ein stetiges Wachstum hier an Besuchern in den Weinregionen bzw in allerorts in Südafrika verzeichnen.“

Der Weintourismus machte im Jahr 2019 rund 15 Prozent des Gesamtumsatzes der Weingüter aus und trug 7,2 Mrd. Rand zum BIP des Landes bei. Nach einem Rückgang auf 2,7 Mrd. Rand im Jahr 2020 kletterte der Weintourisumus im Folgejahr wieder auf 4,1 Mrd. Rand. Bis Ende 2022 sollen R5,7 Mrd. erwirtschaftet werden. Managerin für Weintourismus (Vinpro) Marisah Niewoudt erläutert: „Wir sind auf dem besten Weg, den vollständigen Verlust des internationalen Tourismusmarktes aufgrund von Covid-19 Maßnahmen zu überwinden.“

„Obwohl die internationalen Besucherzahlen weiterhin niedrig sind, vor allem bei Reisen in der Wochenmitte, spürt man wieder eine positive Energie bei den Weintouristikern.
Wir sehen neue Angebote und es finden viele Veranstaltungen statt. Wir sind motiviert, das Weinland Südafrika gemeinschaftlich als den Weltmarktführer im Bereich von Weintourismus zu positionieren“, führt Marisah aus. Die Weingüter konzentrieren sich im Bereich des Weintourismus auf immer hochwertigere Angebote und die Aufrechterhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Marisah: „Wir wollen die fast 36 000 Menschen, die direkt indirekt oder indirekt vom weintouristischen Sektor abhängig sind, weiter beschäftigen.“

Transformatives Wachstum

Eine spannende Initiative, die nicht nur den Weintourismus fördert, sondern auch Teil einer umfassenderen Strategie zur Transformation der südafrikanischen Weinwirtschaft ist, ist The Wine Arc. „Der Start dieses in Stellenbosch ansässigen Markenhauses und Weintourismuszentrums Ende 2021 bedeutete den Beginn eines neuen Wachstumspfads für Weinmarken in schwarzem Besitz“, sagt Wendy Petersen, Geschäftsführerin der South African Wine Industry Transformation Unit (SAWITU).

Dieses integrierte Empowerment-Projekt ist eine Kollaboration von SAWITU, dem Agricultural Research Council (ARC) und dem Western Cape Department of Agriculture (WCDoA). „Der Wine Arc ist Teil der größeren Transformationsstrategie der südafrikanischen Weinwirtschaft. Gemeinsam zielt man darauf ab, den Wandel zu beschleunigen, indem es den Eigentümern von Weinmarken in schwarzem Besitz eine starke Geschäftsplattform,  besseren Zugang zu Abstzmärkten und E-Commerce-Platformen verschafft. Gleichzeitig bietet The Wine Arc ein attraktives Lifestyle Ambiente, um mit Verbrauchern während  Weinverkostungen, Veranstaltungen und Konferenzen in Kontakt zu treten.

Wir wollen Weinmarken und andere Unternehmen in schwarzem Besitz sowie schwarze Weinbauern, Landarbeiter und ihre Gemeinden stärken und fördern“, so Wendy. Zu den Prioritäten der Strategie gehört der gleichberechtigte Zugang zu Infrastruktur, Kellereien mit Lagereinrichtungen und Produktionsanlagen sowie zu bewirtschaftetem Land mit Wasserrechten. Man konzentriert sich auf die Erschließung von Absatzmärkten, bietet Konferenzen an und lanciert Programme zur Kompetenzentwicklung, Weiterbildung und sozioökonomischen Entwicklung. „Wir brauchen alle Interessengruppen des Weinsektors, der Regierung, die Arbeitgeber und –nehmer, damit eine stärker transformierte, integrative und nachhaltige südafrikanische Weinwirtschaft entstehen kann“, erklärt Wendy.

Schaufenster der Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist seit vielen Jahrzehnten ein integraler Bestandteil der südafrikanischen Weinwirtschaft. „Südafrikas Weinbranche sollte das gestiegene Verbraucherinteresse an nachhaltig erzeugten Weinen verstärkt nutzen“, so Siobhan Thompson. Das setzt jedoch voraus, dass man die unterschiedlichen Interessensgruppen mehr über die bestehenden erstklassigen Systeme wie das Herkunftsgesetz sowie das Nachhaltige Weinbauprogramm (IPW), ethische Akkreditierungen wie Fairtrade und die Wine and Agricultural Ethical Trading Association (WIETA) sowie das WWF-SA Conservation Champions-Programm informiert.

Eine gute Gelegenheit ist die CapeWine, Südafrikas Weinmesse, die vom 5. bis 7. Oktober 2022 in Kapstadt stattfinden wird. Unter dem Leitmotto „Sustainability 360″ wollen die Aussteller neben den Weinen auch ihre Nachhaltigkeitspraktiken, die Menschen und Strategieen zu einer verbesserte Wertschöpfung vorstellen. Wir laden Einkäufer und Medienvertreter aus der ganzen Welt ein, unsere spektakulären Weine zu probieren und unsere Weinregionen zu erkunden“, sagt Siobhan.

Den Klimawandel abmildern

Ein wichtiger Teil der südafrikanischen Nachhaltigkeitsreise bestand darin, Wege zu finden, um die Folgen des Klimawandels auf die Weinwirtschaft abzumildern. Die Saison 2021/22 war zwar kühler als normal und die meisten Regionen verfügten über ausreichend Wasser. Doch die Weinbranche hat die negativen Auswirkungen der Dürre von 2016 bis 2019 nicht vergessen. Daher forschen die Branche und die Erzeuger kontinuierlich und passen sich an den Klimawandel an.

„Wir wollen den Weinbauern dabei helfen, im Kontext des Klimawandels auf nachhaltige und rentable Weise hochwertige Trauben und Wein zu produzieren“, sagt Gerard Martin, Geschäftsführer von Winetech. Diese Organisation finanziert und koordiniert Forschungsprojekte zu Bewässerungsstrategien und Untersuchungen des Verhaltens der Reben auf Wasserstress, trockenheitsresistenten Sorten und Unterlagsreben sowie zum Abwassermanagement.

„Die Erzeuger wenden bereits Praktiken an, um starke Wurzelsysteme zu fördern, die das Wasser effizient aufnehmen, wie z. B. eine gute Bodenvorbereitung vor der Pflanzung“, sagt Vinpro Weinbauberater Conrad Schutte. „Sie begrünen Rebzeilen, um Wasserverluste nach Regen oder durch Verdunstung zu verhindern. Der Wasserstatus von Boden und Pflanzen wird überwacht, um die richtige Wassermenge in den richtigen Abständen zu verabreichen.“

Nachhaltigkeit – ein kontinuierlicher Dialog mit allen Beteiligten.

„Die Akteure der südafrikanische Weinwirtschaft unterstützen unsere praxisorientierte Nachhaltigkeitsstrategie und unseren Wachstumskurs“, sagt Rico Basson, CEO von Vinpro. „Wir setzen weiterhin auf: Integrative Entscheidungsfindung, sozialer Dialog und Partnerschaften mit verschiedenen Interessengruppen in der Landwirtschaft um weitere Möglichkeiten zu eröffnen. Die Herausforderungen der Zukunft können wir nur gemeinsam bewältigen. Unser Ziel ist es, unseren Weinsektor zu einer stabilen und gleichzeitig florierenden Branche zu machen, wie wir sie uns für die nachfolgende Generation wünschen.“